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„80 Jahre nach Befreiung“ – eine Gedenkveranstaltung gegen das Vergessen

„80 Jahre nach Befreiung“ – eine Gedenkveranstaltung gegen das Vergessen

800 Nummern– 800 Frauen – 800 Schicksale.

Ein bewegender Gedenkabend fand am 28. April 2025 im Kommunikationszentrum auf dem Geislinger Groupe SEB Campus statt. Über 800 jüdische Frauen waren in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs im KZ-Außenlager Geislingen inhaftiert und verrichteten auf dem Gelände der WMF und für die WMF schwerste Zwangsarbeit zur Unterstützung der deutschen Kriegswirtschaft.

Acht Jahrzehnte nach ihrer Befreiung hat das Unternehmen nun gemeinsam mit der Geislinger Initiative „erinnern – ehren – versöhnen“ sowie Verantwortlichen der Stadt Geislingen ein weiteres Zeichen gesetzt: für die Erinnerung an das Unrecht, für die Würdigung der Opfer und für die Kraft der Begegnung.

Angehörige aus aller Welt 

Zehn Nachfahren der damals inhaftierten Frauen waren der Einladung gefolgt, zum Teil von weit her – aus Israel, Australien und den Vereinigten Staaten. Ihre Stimmen verliehen dem Abend eine besondere Tiefe: Persönlich, eindrucksvoll und mit sichtbarer Ergriffenheit berichteten sie von ihren Müttern und Großmüttern, deren Schicksale in Geislingen eine schmerzliche Wurzel tragen. 

Über 200 geladene Gäste – aus Stadt und Region, aus Politik und Kultur – verfolgten die Veranstaltung – still, bewegt, nachdenklich. „Das hier ist ein Ort, der Geschichte birgt. Geschichte, die schmerzt, die aber gehört werden muss, damit sie sich nie mehr wiederholt“, begründet Stefanie Leiterholt als Gastgeberin und begrüßte gemeinsam mit Herrn Österling, dem Pastor der Tegelbergkirche, die zehn Ehrengäste „mit großer Dankbarkeit und Demut“. In ihren Ansprachen betonten beide die bleibende Verantwortung der heutigen Generationen: „Wir müssen hinschauen. Wir müssen die Namen nennen. Den Opfern ihre Würde zurückzugeben – das ist der erste Schritt zur Versöhnung.“ 

Eine Schweigeminute sowie eine bewegende Grußbotschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bildeten den feierlichen Auftakt.

Das Erinnern ist lebendig…

Musikalisch untermalt wurde der Abend durch das Geislinger Chor-Ensemble „No Distance“ sowie das Klezmer Trio der Musikschule Geislingen – Klänge, die Erinnerungen wachriefen und Emotionen Raum gaben. Der Stadtarchivar Dr. Philipp Lintner setzte mit einem historischen Vortrag den Rahmen für die Einzelschicksale. Die Reden der Hinterbliebenen, die einen tiefen Blick in ihr Innerstes zuließen, in dem sie über die Geschichten der eigenen Mutter und Großmutter berichteten, berührten die Zuhörer zutiefst und machten das unermessliche Leid der Frauen im KZ-Außenlager Geislingen auf eindringliche Weise spürbar. 

Einen emotionalen Moment schufen auch die Schüler*innen des Michelberg-Gymnasiums: Sie trugen die Namen jener Frauen vor, deren Nachkommen im Publikum saßen – und überreichten ihnen je eine Papierrose mit einer persönlichen Botschaft. Ein leiser, aber tiefgreifender Akt der Würdigung und Verbundenheit.

… und bleibt

Der Gedenkabend war eingebettet in ein zweitägiges Begleitprogramm für die Hinterbliebenen: Stadtführungen auf historischen Spuren, ein offizieller Empfang im Rathaus sowie ein Austausch mit mehr als 200 Geislinger Schüler*innen im Kulturzentrum „Rätsche“ eröffneten vielfältige Perspektiven der Erinnerung – und des Austausches.

Die WMF – und mit ihr die Groupe SEB – sind sich ihrer historischen Verantwortung bewusst und möchten auch die Mitarbeitenden einbeziehen und teilhaben lassen: Derzeit wird die Einrichtung einer Dauerausstellung auf dem Werksgelände geplant – als nachhaltige Mahnung und Zeichen des Gedenkens für kommende Generationen.

Einen ausführlichen Bericht über alle Begegnungen und Programmpunkte, die am 28. und 29. April 2025 im Rahmen von „80 Jahre nach der Befreiung“ stattgefunden haben, finden Sie in der nächsten Ausgabe der in.site, die Ende Mai erscheinen wird.